Webmaster Friday: Fühlt ihr euch von der NSA ausgespäht?

prism logoDiese Woche ist Martin wieder aus dem Urlaub zurück und fragt im Rahmen der allwöchentlichen Blogparade, ob wir uns von der NSA ausgespäht fühlten? Schwieriges Thema. Ich gebe auch zu, dass ich wirklich überlegt habe, mich dazu zu äußern, weil ich für meine Haltung wahrscheinlich die Missgunst des ein oder anderen von euch auf mich ziehen werde. Nachfolgend nehme ich also Stellung zu den einzelnen Fragen aus Martins Artikel.

Einfach so weitermachen wie bisher – weil man eh unbescholten ist (das glauben ja immerhin viele)? Oder verändert ihr aufgrund der Unsicherheit Euer Online-Verhalten?

Ganz ehrlich? Ich werde nichts ändern. Sicherlich hat man es vorher nicht “offiziell” gewusst, aber das diverse Regierungen schnüffeln und Interesse an den Daten der Bürger haben, sollte eigentlich auch vorher klar gewesen sein. Wer heute noch glaubt, im Internet sei man anonym unterwegs und nur “eine Nummer” unter vielen, dem ist eh nicht mehr wirklich zu helfen.

Ich werde aus mehreren Gründen nichts an meinem Verhalten ändern. Das liegt zum einen daran, dass ich im Internet nur das veröffentliche, von dem ich meine, dass es auch gelesen werden kann und das Dinge, die ich nicht öffentlich Stelle, wie zum Beispiel meine Mails, für die Geheimdienste nicht von belang sind. Selbst, wenn sie diese Lesen würden, so stände dort nichts drin, was mir peinlich wäre, geschweige denn, was mich belasten könnte.

Und genau diese Einstellung ist der Grund, warum ich zuerst überlegt habe, diesen Artikel hier überhaupt zu schreiben. Ich bin mir sicher, dass nun einige auf die Barrikaden gehen und schreien, wie mich das alles so kalt lassen kann. Ja, wer nichts unternimmt, kann auch nichts bewegen. Das ist richtig. Aber da ich a) der Meinung bin, dass ich mich meinem Verhalten nichts bewegen kann, weil mein Verhalten einfach zu unbedeutend ist, um auch nur irgendwas in den Zentralen irgendeines beliebigen Geheimdienstes zu ändern und es b) so gut wie unmöglich ist, sich der Kontrolle zu entziehen und c) mir konkret kein Schaden oder Nachteil entsteht, werde ich an meinem Nutzungsverhalten nichts ändern. Wer mag, darf in den Kommentaren gerne versuchen, mich eines besseren zu belehren!

Haltet ihr es für gerechtfertigt, dass die NSA so viele Menschen überwacht, oder ist die Gefahr des gläsernen Menschen nicht mit ein paar Anschlägen mehr oder weniger nicht aufzuwiegen?

Tendenziell finde ich die Überwachung nicht in Ordnung. Vor allem nicht in dem Ausmaße, wie sie geschieht. Ein “paar Anschläge” finde ich dennoch zu lapidar formuliert. Jeder Anschlag ist einer zu viel. In wie fern man da jedoch in welchem Ausmaße überwachen darf, ist eine schwierige Frage. Unrecht (Anschläge) mit Unrecht (Bespitzelung) zu bekämpfen kann eigentlich nicht richtig sein. Aber kostet “Bespitzelung” genauso viele Menschenleben, wie ein Anschlag? Wo sollte man hier messen? Darf man Menschenleben in Privatsphäre aufwiegen? Und kann man das überhaupt?

Und wie gläsern ist der Mensch durch Prism überhaupt? Ja, es bestände vielleicht die Möglichkeit, den einzelnen Bürger zu durchleuchten. Und ja, selbst wenn nicht nur gezielt durchleuchtet wird, sondern direkt ein gläsernes Profil eines jeden Bürgers angelegt werden würde, so wäre dieser doch dennoch nicht direkt Gläsern! Gläsern vor wem? Einem Computer? Solange kein Mensch, die Informationen aus dem Computer auswertet und niemand Interesse an den Informationen hat, so bin ich auch nicht gläsern. Fühle ich mich nicht “nackt” oder durchleuchtet.

Wenn aber jemand Interesse daran hegt und sich mein “gesamtes Leben” anschauen will, dann geht das mit oder ohne Prism. Wenn der Geheimdienst Interesse an meinem Leben hat, dann wird er die Informationen auch so bekommen. Sei es über Wanzen, das gezielte Abhören meines Mobiltelefons oder sonstigen Möglichkeiten.

Da aber nun mal Informationen von mehr Menschen (nehmen wir an es seinen alle Internetnutzer) mitgeschnitten werden, als es Menschen gibt, die diese Informationen konsumieren können (und den betroffenen somit Gläsern machen), können nur vereinzelte Menschen Gläsern gemacht werden. Und hier wird sicherlich nicht willkürlich, sondern nach Verdacht geschnüffelt. Und da ich nicht der Überzeugung bin, in das Raster irgendeiner geheimdienstlichen Organisation zu passen, mache ich mir deshalb auch keine Gedanken.

Und seht ihr einen Zusammenhang zwischen dem Ausspäh-Skandal und den Überwachungsmöglichkeiten, die Google, Facebook und andere haben? Oder sind das zwei paar Stiefel?

Das sind für mich zwei paar Stiefel. Facebook, Google+ und Co können nur auswerten, was ich dem jeweiligen Unternehmen zur Verfügung gestellt habe. Mit der Anmeldung habe ich bei vollem Bewusstsein zugestimmt, dass ich weiß, dass diese meine Daten auswerten. Irgendwie müssen die Firmen ja schließlich auch existieren und Geld verdienen. Im Gegenteil zu Prism habe ich hier jedoch die volle Kontrolle, was die Unternehmen über mich herausfinden können. Nämlich exakt das, was ich an Daten preisgebe. Dementsprechend sehe ich hier schon einen Unterschied zu Prism.

Und wie seht ihr das?

Abschließend würde mich natürlich noch eure (ihr als Leser von code-bude.net) Meinung interessieren! Wie steht ihr zu Prism?

Anmerkung (Update: 21.07.13)

Da ich in meinem Bekanntenkreis jetzt schon öfters auf das Onion Pi Projekt hingewiesen und um meine Meinung gebeten wurde, möchte ich hier noch schnell einen Artikel verlinken, der sich damit beschäftigt. Von den Medien wird der kleine Tor Proxy, welcher sich das TOR-Anonymisierungsnetzwerk zu Nutze macht, ja derzeit ziemlich gehypt. Ich persönlich halte von dem Projekt nicht zu viel und finde es gefährlich, dass die Medien dem unbedarften Nutzer suggerieren mit Hilfe des Onion Pis sicher surfen zu können. Das ist, zumindest pauschal betrachtet, ein Trugschluss. Mehr dazu könnt ihr in dem Artikel “Warnung vor dem Onion Pi Tor Proxy” von Mike Kuketz nachlesen. Klare Leseempfehlung!

Raffi

Seit 2011 blogge ich hier über Programmierung, meine Software, schreibe Tutorials und versuche mein Wissen, so gut es geht, mit meinen Lesern zu teilen.

3 Kommentare

  1. In Kurzform:
    * Ich werde auch nichts ändern
    * Hatte mir das davor schon gedacht, naiv ist wer denkt PRISM wäre “neu”.

    Wenn man sich wirklich schützen will, hilft nur eins: Offline bleiben und Netzwerkkabel ziehen. Ansonsten glaube ich muss man sich damit abfinden.

    Finde es gut, dass du mal die andere Seite darstellst, und nicht nur diese übertriebene Panikmache.

    Gruß

    Christoph

    • Hallo Christoph,

      danke für dein Feedback. Wie du sagst, wenn nichts geloggt werden soll, dann muss man Offline bleiben. Sich der Kontrolle zu entziehen ist eigentlich unmöglich. Ja, vielleicht ist es möglich fast anonym zu surfen, aber zu welchem Preis? Hierzu müsste man jegliche personenbezogenen Daten wegfallen lassen. Also keine Mail mit Namen, kein Onlinebanking und nichts, wo es Accounts gibt, die Bezug zur Person haben. Dann kann man vielleicht mit TOR und einer sicheren Exit-Node halbwegs anonym surfen.

      Die ganzen Bequemlichkeiten und Zusatzdienste, außer der reinen Information, fallen dann aber weg und machen das Internet solches, so wie wir es momentan verstehen und interpretieren, zu nichte.

      Schwer finde ich es, sich damit abzufinden und zu sagen, “es ist so, ich habe keinen Einfluss darauf” und gleichzeitig nicht abzustumpfen. Na klar sagt mein Gewissen und mein Rechtsempfinden, dass eine Bespitzelung nicht gut sein kann. Und ja, wenn einem was nicht passt, dann soll man das kund tun und etwas dagegen unternehmen. Wer nichts macht, soll auch nicht nörgeln. Aber was, seinen wir mal ganz ehrlich, können wir schon bewirken?

      Selbst, wenn man sagt, das Volk ist der souverän und wir wählen unsere gesamte Regierung bzw. die der USA ab und ersetzen sie durch Gutmenschen und Piratenparteimitglieder. Selbst dann, glaube ich nicht, dass sich was ändern würde, weil das Militär und dessen Funktionäre sowie der Geheimdienst dennoch weiter machen würden. Ich denke diese Menschen machen das nicht aus einem Befehl, sondern aus Überzeugung heraus. Ein Präsident ist ein repräsentant. Entscheiden tun an vielen Stellen dennoch andere Institutionen und genau diese können wir als Bürger nicht direkt wählen.

      Somit denke ich einfach, dass wir die Lage akzeptieren müssen, weil wir keine Chance mehr haben, die über Jahre gewachsenen Strukturen und Institutionen zu stürzen.

      Klingt das einigermaßen nachvollziehbar?

      • Ich bin schon seit dem letzten Jahrtausend im Web unterwegs und es gab niemals eine Zeit in der man anonym unterwegs war. Es wird auch niemals Anonymität geben. Da kann man machen was man will.

        Ich kann damit leben und stimme dir auch in allen wesentlichen Punkten zu. Ich bin bereit das hinzunehmen, da mir Komfort einfach wichtig ist. Es ist ja nicht nur Facebook. Man müsste sich überall abmelden…

        Dazu ist mir aber dann der Googe Kalender, Feedly, usw… viel zu wichtig.

        Gruß

        Christoph

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