Vorhersage von Einbrüchen per Data-Mining in NRW

PrecobsDie Polizei in NRW möchte Einbrüche per Software vorhersagen und verhindern. Das erste Mal las ich von dieser Entscheidung vor gut einem halben Jahr auf Heise, wo das Pilotprojekt angekündigt wurde. Als Pilot-Städte sollten, stand damals, Duisburg und Köln herhalten, welche beide in unmittelbarer Nähe meines Wohnorts liegen.

Nach dem Artikel war es erst mal still, sodass ich das Thema schon fast wieder verdrängt hatte. Doch nun kam das Thema wieder auf den Tisch und wurde zum Jahresende vor allem in regionalen Zeitungen wie den Westfälischen Nachrichten oder der Rheinischen Post aufgegriffen.

Diesmal sind die Pläne schon konkreter. So steht fest, dass das Pilotprojekt von Oktober 2015 bis September 2016, also ein Jahr, laufen soll. Auch bei der Wahl der Software ist sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) schon sicherer. Diese zieht die Verwendung der Oberhausener Software Precobs in Betracht, wenn gleich die Macher von Precobs (Gesellschafter des Instituts für musterbasierte Prognosetechnik (IfmPt)) noch abwägen, ob sie sich überhaupt an der Ausschreibung beteiligen wollen.

Denn die Vorhersage per Precobs basiert auf Data-Mining, und wenn es nach der Polizei geht, sollen hierzu auch Daten in die Analyse einfließen, die datenschutzrechtlich im Grenzbereich der Legalität liegen. Hierbei sieht Michael Schweer, Gesellschafter des IfmPt, die Reputation seines Projekts in Gefahr, weshalb er eine Beteiligung von Precobs gegebenenfalls ausschließt.

Was ist Data-Mining und wie hilft es Verbrechen vorherzusagen

Doch wie genau funktioniert eigentlich die Vorhersage von Einbrüchen? Überfliegt man die Zeitungs-/Onlineartikel der letzten Tage, wird entweder nur gesagt, die Software wäre schlicht und einfach dazu in der Lage oder es wird lapidar von Data Mining gesprochen. Dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass die wenigsten Leser regionaler Zeitungen einen Schimmer haben, was genau Data-Mining ist. Bevor dies in diesem Artikel ebenso endet, ein paar Worte zu Data-Mining.

Data-Mining bedeutet wörtlich übersetzt “Daten-Bergbau”. So versteht man als Ausgangsgrundlage sehr große Datenbestände (der Berg) in denen man dann durch die systematische Anwendung statistischer Methoden (der Abbau im Berg) neue Muster (das abzubauende Gut) erkennt.

Data-Mining EntscheidungsbaumOft wird der Begriff auch für die reine Speicherung und Verarbeitung von großen Datenmengen genutzt, was jedoch genau genommen falsch ist. Beim Data-Mining geht es explizit um die Gewinnung neuer Erkenntnisse durch die Identifizierung von Mustern und Modellen.

Zum Einsatz kommen hierbei hauptsächlich Methoden aus der Statistik und dem maschinellen Lernen.

Das Data-Mining umfasst verschiedene typische Aufgabestellungen, wobei für die Einbruchsvorhersage besonders die Assoziationsanalyse als auch die Regressionsanalyse von Nutzen sein dürften.

Bei der Assoziationsanalyse werden Zusammenhänge in Form von Regeln identifiziert. Zum Beispiel: “Wenn in Wohnblock A eingebrochen wurde, trat innerhalb von 72 Stunden auch immer ein Einbruch in Wohnblock B auf”.

Bei der Regressionsanalyse geht es darum, Beziehungen zwischen mehrere abhängigen als auch unabhängigen Variablen herzustellen.

Unter Verwendung geeignet umfassender Datenbestände, wie zum Beispiel der Information über sämtliche Einbrüche, Tatzeiten, Beutegüter, etc. der letzten 10 Jahre, lassen sich somit nun solche Zusammenhänge erkennen und daraus Muster ableiten, die wiederum zur Vorhersage von weiteren Einbrüchen dienen.

Probleme rechtlicher und menschlicher Art

Wie bei fast allem im Leben (und insbesondere in der IT-Welt), sehe ich bei diesem Vorgehen ein Für und Wider.

Prinzipiell finde ich den Einsatz von Software und Data-Mining für einen sinnvollen und zukunftsweisenden Schritt. Projekte und der Einsatz von entsprechender Software in Städten wie Basel und Zürich haben gezeigt, dass dadurch die Einbruchsquote merklich (im Bereich um die 25%) gesenkt worden konnte.

Dennoch sehe ich auch mindestens zwei Probleme, die unbedingt vor einer flächendeckenden Einführung eines solchen Systems geklärt werden müssen.

Das erste Problem wäre die rechtliche Behandlung vorhergesagter Einbrüche. Nutze ich die Daten nur, um Einbrecher auf frischer Tat zu ertappen, so bleibt der moralische Aspekt. Wenn ich wusste, dass jemand eine Straftat begeht, hätte ich ihn dann im Rahmen meiner Sorgfaltspflicht nicht davor bewahren müssen?

Was aber geschieht, wenn ich ein verdächtiges Fahrzeug kontrolliere, von dem die Software denkt, es sei ein Einbrecher und ich finde im Fahrzeug Einbruchswerkzeuge? Das reine Besitzen eines Bolzenschneiders oder eines Schneidbrenners ist keine Straftat. Korrekterweise dürften diese Leute dann nicht bestraft werden. Ein ungutes Gefühl sagt mir jedoch, dass genau so etwas passieren wird.

Das zweite Problem, welches ich sehe, ist die Frage nach der Planbarkeit. Was passiert, wenn es einen “Maulwurf” bei der Polizei gibt. Die Polizei ist personell nicht so stark, dass sie zu jeder Zeit an jedem Ort sein kein. Deshalb will sie Software nutzen, um gezielt und verstärkt an Brennpunkten zu sein.

Ist ein krimineller im Besitz dieses Wissens, kann er gezielt an Orten einbrechen, an denen die Polizei zu dem Zeitpunkt nicht ist, da der jeweilige Ort eben nicht von der Software ermittelt wurde. Das ganze System steht und fällt also mit der 100% Integrität der Projektbeteiligten.

Raffi

Seit 2011 blogge ich hier über Programmierung, meine Software, schreibe Tutorials und versuche mein Wissen, so gut es geht, mit meinen Lesern zu teilen.

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